Was tue ich?

Ich darf, beginnend vom 01.09.2014 elf Monate lang an der Visions of Hope Christian School “Rose of Sharon” auf den Philippinen ein Freiwilliges Soziales Jahr machen.
Die Kinder, die ich dort unterrichten und lieb haben darf, sind ehemalige Straßenkinder im Alter von drei bis sechzeh Jahren.
Als eine von insgesamt 17 Freiwilligen, die ADRA live dieses Jahr in verschiedene Länder entsendet, habe ich nun die Möglichkeit, von meinem Überfluss abzugeben und durch meine Zeit und meine Kraft das Projek zu unterstützen und mitzuhelfen, dass Menschen wieder hoffen können.

Sonntag, 30. November 2014

Janine

Die schwarzen, kinnlangen Haare fallen nach vorn ueber ihr huebsches Gesicht, als sie sich in einer ruckartigen Bewegung, die aussieht, als wolle sie aufstehen nach vorn lehnt und nochmal von Neuem beginnt. Das Lich der Nachmittagssonne faellt schraeg durch die schmutzigen Glaslamellen auf ihre Zuege und gibt den vollen Lippen, die sie wie alle ihre Geschwister traegt, den wachen Augen und der platten Nase einen lieblichen Hauch. Sie spielt gut, was wohl daran liegt, dass ihr Englisch so gut ist, dass sie mich zumindest versteht, und weiss, was ich von ihr will. Vor ihr hatte ich Klavierschuelerinnen, die geschlagene zehn Minuten damit verbrachten, eine Tonleiter mit dem richtigen Fingersatz zu spielen- und jetzt sie. Sie, die huebsche, freundliche, angenehme Gestalt, die mich so sehr an den kleinen Gino (treue Leser haben schon von ihm gehoert) erinnert, ihren Bruder. 
CDEFGAHC-langsam und doch zielstrebig und sicher finden ihre Finger die Toene, kaum dass sie die Tasten beruehren. Sanft und fast schon scheu drueckt sie die geliebten weissen Holzkloetze herunter. "1-2-3-1-2-3-4"- ich stocke. Will den Fingersatz nicht weiter sagen. Einen Moment starre ich auf ihre Hand, dann kommt es mir doch ueber die Lippen. "Five" 
Sie gehorcht geduldig. Fasziniert sehe ich weiterhin auf ihre Hand. Ich will schreien: "Du musst das nicht machen! Nicht, wenn es dich schmerzt, nicht, wenn es dir unangenehm ist. Janine, ich bin so stolz auf dich!"
Aber sagen kann ich es nicht. Sagen kann ich nur: "Very good!" Und weiter ihren kleinen Finger betrachten, der nach zwei Fingergliedern einfach endet und den sie so selbstverstaendlich benutzt, als waere es unnormal, drei Fingersegmente und einen Fingernagel zu haben. 
Was ist wohl passiert? In was fuer einem Kampf hat sie ihn verloren? Was ist das fuer eine Geschichte? 
Was ist das fuer eine Heldin!

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