Was tue ich?

Ich darf, beginnend vom 01.09.2014 elf Monate lang an der Visions of Hope Christian School “Rose of Sharon” auf den Philippinen ein Freiwilliges Soziales Jahr machen.
Die Kinder, die ich dort unterrichten und lieb haben darf, sind ehemalige Straßenkinder im Alter von drei bis sechzeh Jahren.
Als eine von insgesamt 17 Freiwilligen, die ADRA live dieses Jahr in verschiedene Länder entsendet, habe ich nun die Möglichkeit, von meinem Überfluss abzugeben und durch meine Zeit und meine Kraft das Projek zu unterstützen und mitzuhelfen, dass Menschen wieder hoffen können.

Mittwoch, 1. April 2015

Oh Augenblick verweile doch, du bist so schön

"Ako si Hannah Montana", plappert meine kleine Hannah, die der- trotz meiner Nachlässigkeit- treue Leser bereits aus vorherigen Beiträgen kennt, in mein Aufnahmegerät. Selbiges habe ich von meiner besten Freundin aus Deutschland mitbekommen, damit ich die Melodie meines Lebens einfangen kann und gleichzeitig ihre Stimme immer dabei habe.

Heute ist Graduation Day. Also Schulabschluss. Es ist unglaublich heiß, ich habe das Gefühl ich zerfließe in meiner Tracht und unsere Kantine, die wir zum Festsaal umdekoriert haben, ist mit 250 Leuten vollgestopft. Ein paar fleißige Ventilatoren versuchen, die Klebrigkeit von uns zu nehmen, aber als sich die Zeremonie immer weiter hinzieht, und die Drei-Stunden-Marke überschritten ist, wird es doch anstrengend. Beinahe unerträglich, habe ich das Programm doch schon ca. 7 Mal gesehen. Unsere Mädels und Jungs waren in der letzten Woche fast täglich mit Proben beschäftigt. Vom feierlichen Einzug, untermalt von den Klängen Edward Elgars "Pomp and Circumstance", über das einzelne nach vorn rufen der Absolventen der Preschool und der Grundschule, bis hin zu den bunt gemischten Special Presentations, die von Liedern, über Anspiele bis hin zu traditionellen und modernen Tänzen reichten, haben wir alles schon gesehen. Mehrmals.

Ich nehme Lieder auf, Namen, Stimmen, Momente, versuchen zu beschreiben, was ich fühle, wenn 250 Menschen "Dakila ka o Dyios" singen, was ich fühle, wenn meine Kinder, schön frisiert und gepudert in neuen Filipinianas stolz ihre Medaillen und Auszeichnungen entgegen nehmen. Ich bemühe mich, Menschen zu beschreiben, die ich sehe, die besondere Atmosphäre einzufangen, die Farben der Philippinischen Flagge, die Gesichtszüge der Menschen, die ich so ins Herz geschlossen habe, die caramellfarbene Haut, die schwitzenden Kinderhälse, das Meer von schwarzen Haaren, die Hitze, die Spannung in der Luft, die Spannung in meiner Seele.

4 Monate noch.

Dann ist alles nur noch ein Traum. Eine blasse Erinnerung. Ich bekomme schon Geschenke, zum Andenken, wie es heißt und doch ist es noch eine solch lange Zeit. Ich will nicht daran denken zu gehen. Ich will jetzt sein und ich will hier sein. Die Kinder genießen, wie sie herumwuseln, bunt und aufgeregt und wunderschön, will die Freunde, die ich gewonnen habe nicht verlassen, will noch so viel, wie möglich in diese Zeit packen, in die niemals die ganze Fülle einer Freundschaft passt. Ich will den Moment anhalten, will in diesem warmen Menschenmeer versinken, in dem Glück, das man überall spürt; in der Aufregung, der Begeisterung über das abgeschlossene Schuljahr. Ich will diese große Familie, die ich durch schlimme und gute Zeiten gewonnen habe, nicht zurücklassen.
Jetzt nicht. Ich will sagen: "Oh Augenblick verweile doch, du bist so schön!"

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen